Donnerstag, 17. Dezember 2015

Quantität versus Qualität im Callcenter - Wie Du mit niedriger AHT Top Qualität erzielst

Qualität versus Quantität

Dieses Thema wird Dich Deine gesamte Karriere als Teamleiter im Call Center begleiten. In der Regel liegt dabei ein Zielkonflikt vor. Umso schneller Dein Team seine Arbeit verrichtet umso mehr wird die Qualität sinken. Leider, oder zum Glück, ist das nicht zwangsweise so. Deine Chefs werden vermutlich in ihrem Reden immer den Fokus auf die Qualität legen. In ihrem Handeln werden sie jedoch die Quantität stets bevorzugen. Dies liegt an der betriebswirtschaftlichen Verantwortlichkeit und muss Dir zwingend bewusst sein!
Umso mehr Calls, Facebook-Posts, Kunden-E-Mails etc. von Deinem Team beantwortet
werden, umso mehr Wirtschaftlichkeit ist gegeben. Und Diese ist garantiert immer dringend notwendig. Deine Mitarbeiter werden sich bei hohem AHT-Druck ständig beschweren, dass sie gar nicht die geforderte Qualität abliefern können. Kunden werden in Kundenbefragungen mit hoher Wahrscheinlichkeit bemängeln, dass der Agent nur die Hälfte der Fragen beantwortet hat bzw. die Frage generell nicht vollständig geklärt ist. Selbst wenn das Anliegen eigentlich geklärt ist! Vor allem der Druck wird Deinen Agenten zu schaffen machen. Wenn man stundenlang Call für Call telefoniert sind die Nerven irgendwann völlig blank.
Die Folge werden hohe Krankenquoten, erhöhte Kündigungsraten und eine immer tiefer sinkende Qualitätsquote sein. Andersherum werden sich Deine Agenten bei extrem hohen AHT-Werten zwar in der Qualität steigern, aber nicht automatisch die geforderten Werte erreichen.

Betrachtet man die Qualität für sich, geht es darum, den Agenten mit den nötigen Werkzeugen und Methoden auszustatten. Geschwindigkeit ist dabei nützliches Beiwerk. Tatsächlich sind Kunden mit einem guten und schnellem Call zufriedener, als mit einem sehr guten und langsamen Call.
Versuch Dich da einfach selbst in die Lage des Kunden hinzuversetzen. Stell Dir vor, Du kommst nach einem anstrengendem Arbeitstag nach Hause. Du machst Dir etwas leckeres zu Essen und willst einfach nur gemütlich bei einem schönem Film entspannen. Dein TV bleibt schwarz und stumm. Was wäre Dir jetzt lieber? Eine langatmiges Gespräch mit einem Kundenservicemitarbeiter des Fernsehanbieters oder eine schnelle und knackige Lösung?
Vermutlich wirst Du die schnelle und knackige Lösung vorziehen. Schließlich fängt Dein Film gleich an. Genau dieses Denken wird in der Regel auf jeden Kunden zutreffen. Der Schlüssel ist also durchaus die Geschwindigkeit des Calls in Kombination mit einem motivierendem Gespräch. Das heißt für Dich, Du musst Deine Agenten mit Methoden ausstatten, die zu solch einem knackigen Gespräch führen. In der Summe geht es lediglich um drei Bausteine.

Der Kunde muss sofort eine Lösung erhalten 

Damit ist gemeint, dass Deine Agenten ihren Job und alle ihre Möglichkeiten kennen und ausschöpfen. Ziel ist es immer, nie wieder etwas vom Kunden zu hören. Du kannst das mit der sogenannten First Contact Resolution (FCR) messen. Umso höher, umso besser. Oft höre ich, dass für Dieses oder Jenes Problem aber keine Sofort-Lösung verfügbar ist. Das macht nichts. Dann musst Du einfach dafür sorgen, dass Dein Mitarbeiter das Anliegen trotzdem los wird.
Sprich mit dem Verantwortlichen für Prozesse, Deinem Chef oder sonst irgend jemandem, der das vorantreiben kann. Dein Agent braucht aber unbedingt einen freien Rücken!

Der Kunde hat nichts zu sagen 

Ein gewagter Satz. Im Kern meint er, dass der Agent das Gespräch führt.
Selten hat man den Ideal-Kunden am Telefon, der einfach nur zuhört und macht. Das liegt daran, dass den meisten Kunden gar nicht bewusst ist, dass sie mit ihrem "Gerede" sich nur selbst von der Lösung fernhalten.
Trotzdem muss Dein Agent dafür sorgen, dass sein Kunde nicht zu weit vom Gespräch bzw. eigentlichen Kern des Anliegens ausbricht. Hier geht es um Themen wie aktives Zuhören, aktive Gesprächsführug, etc. Der Agent bestimmt den Verlauf des Calls und sorgt damit einerseits für eine optimale Länge des Calls, sowie für den richtigen Informationsumfang. Wichtige Indikatoren um dies zu messen sind Average Talk Time (ATT) aber auch die Rekontaktrate. Hat der Agent eine niedrige ATT aber eine hohe Rekontaktrate, stimmt vermutlich etwas nicht an seinem Informationsgehalt. Vorausgesetzt ist hier natürlich, dass es ein spezielles Routing gibt, welches gleiche Kunden bevorzugt zu denselben Agenten routet.

Es muss Spaß machen 

Agent, aber vor allem auch der Kunde sollen Spaß bei dem Gespräch haben. Lachen ist erlaubt. Dieser Spaß wird dem Kunden in Erinnerung bleiben. Er wird allen erzählen, dass er beim Kundenservice XYZ eine super Lösung erhalten hat, dass dort alle extrem freundlich sind und das es keine bessere Firma als XYZ gibt. Wenn ein Konkurrent ihn abwerben möchte, wird er mit höherer Wahrscheinlichkeit loyal behaupten, dass er immer zufrieden war. Der Agent löst also im Gespräch eine Emotion beim Kunden aus und gibt ihm ein tolles Gefühl. Außerdem wird Dein Mitarbeiter sich selbst zufrieden fühlen. Ihm wird seine Arbeit noch mehr Spaß bereiten und er wird seinen Job gerne erledigen. Selbst die “bösen Kunden”, die die immer nur schreiben, kann man in dieses Muster pressen. Solange man die richtigen Werkzeuge und Methoden kennt. Du kannst diese Art der Kundenbespaßung übrigens ganz gut mit der sogenannten Agent Satisfaction (ASAT) messen. Außerdem entsteht hier ein wichtiger Einfluss auf die Customer Satisfaction (CSAT). Ist der Kunde mit dem Agent zufrieden, wird er es auch entsprechend ausdrücken.

Hast Du diese drei Bausteine im Griff, hast Du quasi die halbe Miete. Der Rest ist organisatorischer Kram. Zusammenfassend betrachtet geht es also auf keinen Fall um extremen Druck auf die Agenten. Dies wird immer zu hohen Kosten führen. Es geht darum, angemessen schnell zu arbeiten und den Fokus nicht zu verlieren. Das Ganze mit einer Portion Spaß kombiniert wird für tolle Qualitäts- und Performancewerte sorgen.

Übrigens, als Teamleiter darfst Du diesen Spaß durchaus auch mal von Deinen Mitarbeitern einfordern. Wenn Du einen Griesgram im Team hast, dann sprich ihn offen und direkt darauf an. Frag ihn doch ganz einfach mal, warum er so selten lächelt. Und dann hältst Du einfach mal den Mund und lässt ihn erzählen. Du darfst gespannt sein was passiert.